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WAS IST PLASMA

Plasma wird als vierter Aggregatzustand nach fest, flüssig oder gasförmig bezeichnet. Wird einem Gas Energie zugefügt, erfolgt eine teilweise oder vollständige Ionisation der Teilchen. Dieser Zustand eines angeregten, elektrisch leitfähigen Gases ist das Plasma. Neben frei bewegliche Elektronen und Ionen enthalten Plasmen niedermolekulare chemisch reaktive Spezies und emittieren elektrische Felder, sichtbares Licht, UV- und Wärmestrahlung. Man unterscheidet grob heiße (thermische) und kalte (Niedertemperatur-) Plasmen sowie Hochdruck-, Atmosphärendruck- und Niederdruckplasmen.  99% der sichtbaren Materie befinden sich im Plasmazustand, darunter unsere Sonne und die Sterne. In der Plasmamedizin kommen insbesondere künstlich erzeugte kalte Atmosphärendruckplasmen zum Einsatz.

PLASMAMEDIZIN

Plasmamedizin verbindet Plasmaphysik und Lebenswissenschaften in einem Forschungsgebiet, das sich mit der medizinischen Anwendung physikalischer Plasmen befasst. Obwohl die Nutzung physikalischer Plasmen im medizinischen Bereich nicht gänzlich neu ist, haben sich in den vergangenen 10 bis 15 Jahre insbesondere für kalte Atmosphärendruckplasmen neue Perspektiven für die Anwendung in der Therapie zu eröffnet. Die biologische und medizinisch nutzbare Wirksamkeit kalter Atmosphärendruckplasmen beruht vor allem auf der komplexen Wirkung reaktiver Sauerstoff- und Stickstoffspezies. Elektrische Felder und emittierte UV-Strahlung spielen eine unterstützende Rolle. Im Mittelpunkt des Forschungs- und Anwendungsinteresses stehen drei grundsätzliche Plasma-Effekte: (I) Die mögliche Abtötung eines breiten Spektrums von Mikroorganismen einschließlich multiresistenter Bakterien und Viren; (II) die Stimulation der Regeneration verletzten Gewebes durch Anregung des Zellwachstums, der Zellmigration und der Bildung neuer Blutgefäße; (III) die Induktion von Prozessen des regulierten Zelltodes, insbesondere der Apoptose, vor allem in Krebszellen.
Erste klinische Erfolge werden derzeit insbesondere bei der Heilung chronischer Wunden erzielt. Der Einsatz von Plasma in der Krebstherapie ist Gegenstand intensiver Forschung. Auch in der Zahnmedizin wird eine Reihe erfolgversprechender Anwendungen prognostiziert.

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PLASMAANWENDUNGEN IM MEDIZINISCHEN BEREICH

Die Gefahr einer Infektion, die im Zuge eines Aufenthalts oder einer Behandlung in einem Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung auftritt, kann auch unter Anwendung des derzeitigen hohen Hygienestandards nicht völlig ausgeschlossen werden. Gegen diese sogenannten Nosokomialinfektionen können neben herkömmlichen Desinfektionsmitteln mittlerweile auch Plasmaanwendungen präventiv angewendet werden. Hierfür werden plasmabasierte biologische Verfahren entwickelt, um empfindliche Materialien oder Produkte in der Medizin von Krankheitserregern, wie Bakterien und Viren, zu befreien. In den Anwendungsbereich ordnen sich neben der Handdesinfektion auch die Dekontamination von Medizinprodukten ein, darunter auch spezielle Bereiche wie die Endoskopie.

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WIRKMECHANISMUS DER PLASMATHERAPIE

Durch die Kombination der verschiedenen Wirkkomponenten des Plasmas wie Applikation angeregter Gasspezies (z. B. aktivierte Sauerstoff- und Stickstoffmoleküle), einer leichten Bestrahlung im UV- Lichtbereich, einem Stromfluss und einer kurzfristigen lokalen Temperaturerhöhung, entsteht eine antimikrobielle und antivirale Wirkung an der mit dem Plasma behandelten Oberfläche. Darüber hinaus kann – in Abhängigkeit von der Intensität der Plasmaeinwirkung - das Wachstum und die Beweglichkeit menschlicher Zellen einerseits stimuliert werden, andererseits ist auch eine Inaktivierung von Zellen möglich. Diese Effekte werden nach aktuellem Kenntnisstand vor allem durch oxidativ wirkende, Sauerstoff und Stickstoff enthaltende Moleküle vermittelt. Somit liefert die Redoxbiologie wichtige wissenschaftliche Ansatzpunkte zur Aufklärung von Wirkmechanismen der Plasmatherapie.  
Durch die Kombination der verschiedenen Wirkkomponenten des Plasmas wie Applikation angeregter Gasspezies (z. B. aktivierte Sauerstoff- und Stickstoffmoleküle), einer leichten Bestrahlung im UV- Lichtbereich, einem Stromfluss und einer kurzfristigen lokalen Temperaturerhöhung, entsteht eine antimikrobielle und antivirale Wirkung an der mit dem Plasma behandelten Oberfläche. Darüber hinaus kann – in Abhängigkeit von der Intensität der Plasmaeinwirkung – das Wachstum und die Beweglichkeit menschlicher Zellen einerseits stimuliert werden, andererseits ist auch eine Inaktivierung von Zellen möglich. Diese Effekte werden nach aktuellem Kenntnisstand vor allem durch oxidativ wirkende, Sauerstoff und Stickstoff enthaltende Moleküle vermittelt. Somit liefert die Redoxbiologie wichtige wissenschaftliche Ansatzpunkte zur Aufklärung von Wirkmechanismen der Plasmatherapie.

SCHLÜSSELPUBLIKATIONEN

S. Bekeschus, Th. von Woedtke, S. Emmert, A. Schmidt. Medical gas plasma-stimulated wound healing: Evidence and mechanisms. Redox Biol. 46 (2021) 102116. https://doi.org/10.1016/j.redox.2021.102116


S. Emmert, S. Pantermehl, A. Foth, J. Waletzko-Hellwig, G. Hellwig, R. Bader, S. Illner, N. Grabow, S. Bekeschus, K.-D. Weltmann, O. Jung, L. Boeckmann. Combining Biocompatible and Biodegradable Scaffolds and Cold Atmospheric Plasma for Chronic Wound Regeneration (Review). Int. J. Mol. Sci. 22 (2021) 9199. https://doi.org/10.3390/ijms22179199

M.L. Semmler, S. Bekeschus, M. Schäfer, T. Bernhardt, T. Fischer, K. Witzke, C. Seebauer, H. Rebl, E. Grambow, B. Vollmar, J.B. Nebe, H.-R. Metelmann, Th. von Woedtke, S. Emmert, L. Boeckmann. Molecular Mechanisms of the Efficacy of Cold Atmospheric Pressure Plasma (CAP) in Cancer Treatment. Cancers  12 (2020) 269. https://doi.org/10.3390/cancers12020269

Th. von Woedtke, S. Emmert, H.-R. Metelmann, S. Rupf, K.-D. Weltmann. Perspectives on cold atmospheric plasma (CAP) applications in medicine. Physics of Plasmas 27 (2020) 070601; https://doi.org/10.1063/5.0008093


L. Boeckmann, M. Schäfer, T. Bernhardt, M.L. Semmler, O. Jung, G. Ojak, T. Fischer, K. Peters, B. Nebe, B. Müller-Hilke, C. Seebauer, S. Bekeschus, S. Emmert. Cold Atmospheric Pressure Plasma inWound Healing and Cancer Treatment. Appl. Sci. 10 (2020) 6898. https://doi.org/10.3390/app10196898

Th. von Woedtke, A. Schmidt, S. Bekeschus, K. Wende, K.-D. Weltmann. Plasma medicine: a field of applied redox biology. In Vivo 33 (2019) 1011-1026; https://doi.org/10.21873/invivo.11570


A. Privat-Maldonado, A. Schmidt, A. Lin, K.-D. Weltmann, K. Wende, A. Bogaerts, S. Bekeschus. ROS from Physical Plasmas: Redox Chemistry for Biomedical Therapy. Ox. Med. Cell. Longev. 2019 (2019), 9062098; https://doi.org/10.1155/2019/9062098


T. Bernhardt , M.L. Semmler, M. Schäfer, S. Bekeschus, S. Emmert, L. Boeckmann. Plasma Medicine: Applications of Cold Atmospheric Pressure Plasma in Dermatology. Ox. Med. Cell. Longev. 2019 (2019) 3873928. https://doi.org/10.1155/2019/3873928

L. Boeckmann, T. Bernhardt, M. Schäfer, M. Luise Semmler, M. Kordt, A.-C.Waldner, F.Wendt, S. Sagwal, S. Bekeschus, J. Berner, E. Kwiatek, A. Frey, T. Fischer, S. Emmert. Aktuelle Indikationen der Plasmatherapie in der Dermatologie. Hautarzt  71 (2020) 109–113; https://doi.org/10.1007/s00105-019-04530-0

Bücher


H.-R. Metelmann, T. von Woedtke, K.-D. Weltmann (Hrsg.). Plasmamedizin. Kaltplasma in der medizinischen Anwendung. Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016, 225 S.; ISBN 978-3-662-52645-3


H.-R. Metelmann, T. von Woedtke, K.-D. Weltmann (Hrsg.). Comprehensive Clinical Plasma Medicine. Cold Physical Plasma for Medical Application. Springer International Publishing AG, part of Springer Nature 2018, 526 S.; ISBN 978-3-319-67627-2

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